Supervision & Coaching
Wissenswertes
Wissenswertes
Supervision oder Mediation?
Um eines vorweg zu nehmen: Es gibt Beratungsanfragen, die sich nur für Supervision eignen oder nur mediatorische Fähigkeiten abverlangen. Es gibt aber auch die Mischtypen, die mit beiden Verfahren zum Erfolg geführt werden können. Wozu also überhaupt die Frage nach der Professionalisierung? Abgrenzbare und geordnete Dienstleistungen sind ein wesentliches Kriterium der Professionalität in der Industriegesellschaft, sagt Harald Pühl. (1986: 47) Wenn also die Professionellen nicht mal identifizieren könnten, um was es sich handelt, wie sollten sie dann überhaupt helfen können? Daher dient die hiesige Überlegung mehr einer Sensibilisierung, als dem schwarz-weiß Denken. Denn einer Beratungsanfrage muss immer insbesondere zu Beginn mit großer Aufmerksamkeit und Fingerspitzengefühl begegnet werden.
Die Entwicklungslinien der beiden Verfahren fallen gänzlich auseinander. Während die Supervision aus Arbeitsbeziehungen, vor allem der Profession der sozialen Arbeit, erwachsen ist, ist die Mediation in allen Bereichen des privaten, öffentlichen, beruflichen oder staatlichen Lebens groß geworden. Erste settingbedingte Überlagerungen tauchten in Gruppen- und später, konfliktthematisch eindeutig, in Teamzusammenhängen von Supervisionsprozessen auf.
Bei der Erörterung der Begriffsdefinitionen, und damit Verfahrensinhalte, gibt die Methodik den größten Aufschluss, warum so oft Supervisoren auch Mediatoren sind und umgekehrt. Beide Arbeitsweisen basieren im Kern auf aktivem Zuhören und Spiegeln, Verstehen und Übersetzen, und nicht zuletzt dem Verhandeln, wie Katharina Gröning in Forum Supervision betont: „Verstehen und verhandeln sind in der Supervision […] ein Zwilling. […] In der Supervision werden die Konflikte […] rollentheoretisch interpretiert, so dass aus menschlichen Konflikten funktionale Konflikte werden und eine ‚Entpsychologisierung‘ und Entmoralisierung der Konflikte stattfindet. Dies ist der Akt supervisorischen Verstehens und supervisorischer Deutung“ (2013: 102 - 112). Das Verstehen der Situation verlangt vom Berater schließlich dort zu konfrontieren und/oder zu reflektieren, wo der Konflikt ist, die institutionelle Realität als solche zu dekonstruieren. (vgl. ebd.: 102 - 112 und Christoph Besemer, 1993: 15 - 16) In der Mediation hat das Dekonstruieren die Funktion Sach- und Beziehungs- oder Rollenkonflikte auseinander zu halten. Es sind insbesondere auch die Konfliktarten, die eine Verfahrenswahl deutlich machen. Da, wo keine Gegenpartei existiert, bedarf es logischerweise keines Vermittlers. Mediatoren kategorisieren diese personen-immanenten Reibungen als innere bzw. persönliche Konflikte und allein supervisorisches Geschick eignet sich bei der Bearbeitung innerer Zerrissenheit einer Person. Entgegengesetzt kann das einzige Mittel der Wahl die Mediation sein, wie Christoph Besemer herausstellt: „Ein wichtiger Aspekt der Mediation, der wohl auch zu deren zunehmenden Verbreitung beiträgt, ist es, dass die Menschen durch sie weder kriminalisiert (wie durch ein Gerichtsurteil) noch pathologisiert (wie durch eine therapeutische Behandlung) werden. Sie können diese Hilfe in Anspruch nehmen, ohne dass ihr eigenes Selbstwertgefühl dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird“ (1993: 35). Die Haltung der Ratsuchenden entscheidet dabei im Sinne des Arbeitsbündnisses das Verfahren, wenn eine prozesshafte und lösungsorientierte Entscheidung gewollt ist, also Mediation. Wobei dann die Nachhaltigkeit kritisch zu hinterfragen ist, wenn gewollt und nicht gekonnt wurde, erarbeitet statt aufgearbeitet wurde, was sich in der Umsetzungsphase beim Nachtreffen durch ein erforderliches Nach- oder gar Neuverhandeln zeigen kann.
Bleibt die Frage nach den Mischtypen. Die Suche nach zu Grunde liegenden Interessen und Problemen im Konfliktfall kann natürlich auch zu der Erkenntnis führen, dass der offenkundige Konflikt gar nicht der ausschlaggebende ist, sondern nur „das Fass zum überlaufen brachte“. Eine befriedigende Lösung des offenkundigen Streits ist dann nur möglich wenn auch die Hintergrundkonflikte angesprochen werden. Diese können zum Beispiel auf Störungen auf der Persönlichkeits- und Beziehungsebene beruhen. Wenn eine Veränderung dieser Probleme aufgrund der Einsicht im Gespräch nicht möglich ist, sondern ein weiteres In-die-Tiefe-gehen erfordert, werden die Grenzen der Mediation überschritten. Während beim „sachgerechten Verhandeln“ (Vgl. Roger Fisher & William Ury, Das Harvard-Modell. Sachgerecht verhandeln - erfolgreich verhandeln, Frankfurt a. M. - New York 1984.) Positionen und Interessen behandelt werden, sind Persönlichkeits- und Beziehungsprobleme und ihre institutionellen Ursachen das Feld der Supervision. Je nach Art der Konflikte und Vorgehensweise der MediatorInnen entspricht Mediation eher dem sachgerechten Verhandeln oder geht ein Stück weit auch auf Persönlichkeits- und Beziehungsprobleme ein - jedoch nicht als Selbstzweck, sondern immer auf das Ziel gerichtet, die offenkundigen Probleme zu lösen. Da die Probleme auf den verschiedensten Ebenen meist zusammen hängen und sich gegenseitig beeinflussen, lässt sich keine klare Trennlinie zwischen rein sachlicher Problemlösung und Arbeit an der Person ziehen. (Christoph Besemer, 1993: 26) In diesen Fällen geben sich Supervision und Mediation die Klinke in die Hand und sind ein weiteres Mal Zeugnis dafür, dass die Professionen mediative Supervisoren als auch supervisionäre Mediatoren sogar gut gebrauchen können.
Literatur:
Besemer, Christoph: Mediation - Vermittlung in Konflikten, Königsfeld: Stiftung Gewaltfreies Leben, Baden (Heidelberg - Freiburg): Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, 1993, 7. Auflage, 2000
Gröning, Katharina: Der supervisorische Beratungsprozess, S. 102 - 112, Forum Supervision, Heft 41 - Supervision und Verletzbarkeit, Bielefeld, 2013
Pühl, Harald; Schmidbauer, Wolfgang: Supervision und Psychoanalyse, München: Kösel, 1986
Informelle Rollen - Ein kurzer Gedankengang durchs Team
Auf die Frage was "Team" bedeutet, weiß in jedem mindestens einer wofür die Buchstaben stehen: "Toll! Ein Anderer Macht's!" Was aber ist, wenn das Wissen Tatsache ist? Und wie kommt es dazu, obwohl doch jeder eine Stelle bekleidet, die unabdingbar ist? Insbesondere in Teams sind Rollen ein tragendes Thema. Die Struktur einer Organisation legt Funktionen und Schnittstellen fest und damit die formalen Rollen. Die Maschine "Unternehmen" wäre damit reibungslos definiert und arbeitsfähig, wenn da nicht noch der Charakter des Mitarbeiters und mit ihm die Teamdynamik eigene Impulse setzen würden. Produktivität und Arbeitsergebnisse sind obendrein in ein Zeitkorsett geschnürt. Spätestens wenn es anfängt zu "knirschen", ist es an der Reihe zu beleuchten, wer welche Rolle als Surplus inne hat. In der folgenden beispielhaften Besetzung wird vermutlich jeder mindestens einen seiner Arbeitskollegen wiedererkennen können: Neben der Leitung kann es zusätzlich eine informelle Leitung geben, mit der der "Ja"-Sager weiterhin konform geht und mit dem Mitläufer sympathisiert, während sich die Resignierte verwundert die Augen reibt, was eigentlich noch so alles möglich ist. Das Genie verfällt in Apathie, um still weiter brüten zu können und macht damit dem Liebling des Chefs ernsthafte Konkurrenz. Der Angsthase sucht moralische Unterstützung bei Mutter Courage und die Unantastbare feilt müde ihre Fingernägel zwischen Beschwerdebrief und Kaffee. Für den "Beamten" ist der Fall klar: Das schwarze Schaf wird im Büro nicht zufällig so genannt und als die Petze Wind davon bekommt, hat sie auch endlich mal wieder einen Grund beim Chef zu demonstrieren, was sie alles weiß. Der Perfektionist rechnet in der Zwischenzeit auf die fünfte Nachkommastelle nach, provoziert damit das Lästermaul zu Höchstform und dieses animiert damit den ewigen Normenbrecher "Dagegen!" zu rufen. Nur einer wahrt seine Facon, während er sich amüsiert über seinen Faulpelz streicht und denkt: "Toll! Ein anderer macht's!"
Wenn es also nicht mehr rund läuft, weil sich die Teamdynamik an der Arbeitsaufgabe aufreibt, dann kann Supervision der Denkraum sein, sich die Reibungspunkte bewusst und folglich auch besprechbar zu machen, um eine Klärung einzuleiten, da eine der Hauptaufgaben der Supervision darin besteht den Sand aus dem Getriebe zu spülen.
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